Es geht weiter, der Ruhetag ist rum und nun heißt es wieder aufs Rad steigen. Die ersten zwei Touren (Tour 1, Tour 2) hatten richtig viel Spaß gemacht doch heute steht die Königsetappe, Transalpina, an.
Aus diesem Grund frühstücke ich eine Extraportion. Lieber auf Nummer sicher gehen… und schon machen wir uns pünktlich auf den Weg. Das erste Teilstück der Tour ist die Anfahrt zum eigentlichen Anstieg.
Es geht schon nach wenigen Metern direkt bergauf. Meine Beine meckern jedoch nicht und so schöpfe ich Zuversicht für den Tag. Es geht wieder in Richtung Westen, für ungefähr 35 Kilometer. Auf dieser Strecke geht es immer bergauf, bzw. bergab. Am dritten Anstieg fällt mir auf, dass sie alle 10% Steigung haben, als hätte jemand das genau festgelegt. Die Länge variiert zwischen 500 Metern und 1,5 Kilometern.
Die Sonne scheint und ich genieße die Tour. Wir fahren die kleinen Hügel relativ zügig und lassen die Räder in den kurzen Abfahrten einfach rollen. So kommen wir gut voran und erreichen nach ungefähr zwei Stunden unser erstes Zwischenziel, den Beginn des Anstiegs. Von dem letzten Hügel waren meine Beine nicht mehr 100%tig begeistert und so machen wir eine Pause.
Dann beginnen wir mit der Auffahrt. Es geht direkt recht steil bergauf. Schade, nix ist mit langsam einfahren und sich an den Berg gewöhnen. Nein, gleich volle Kanne bergauf. Dann die erste Rechtskurve, kurz darauf die zweite. Dann geht es weiter geradeaus. Wow, schon 1,5 Kilometer geschafft! Jetzt fehlen nur noch ca. 3o Kilometer Aufstieg.
Nach den ersten Serpentinen geht es meinen Beinen wieder besser. Vielleicht lassen sie sich überreden mich schnell auf den Gipfel zu bringen? Die nächsten drei Kilometer fühle ich mich wieder richtig gut. Zum Glück erscheinen dann wieder Kurven vor mir. Das macht die Sache einfacher. Zusätzlich lenkt die schöne Landschaft ab. Ich fahre nicht schnell aber ich komme vorwärts. Mit dieser Taktik lässt sich jeder Berg irgendwie meistern.
Ich nutze die ein oder andere Möglichkeit um anzuhalten und Fotos zu machen. Und um etwas auszuruhen. Ganz schön lang dieser Anstieg aber immerhin sind auch schon 700 Höhenmeter geschafft. Es folgt eine kurze Unterbrechtung der Serpentinen, dann geht es kurvig weiter. Am Himmel entdecke ich die ersten Wolken, denke mir aber nichts dabei.
Ungefähr drei Kilometer weiter sehen die Wolken dann doch etwas bedrohlicher aus. Irgendwie wird es düster. Allerdings geht es jetzt plötzlich bergab. Wie praktisch, denke ich mir. So rollen wir nach Ranca und setzen uns vor ein Lokal um eine Pause zu machen. Bis hierhin sind wir knapp 20 Kilometer seit dem Beginn des Anstiegs gefahren, was ich auch merke.
Wir kaufen uns etwas zu Essen und ziehen uns wärmer an. Es ist mittlerweile kalt geworden und Regen setzt ein. Zum ersten Mal stelle ich mir die Frage, ob die Tour nicht zu schwer für mich werden würde. Aber die Hälfte war ja auch schon geschafft, kneifen gilt nicht. Während wir die letzten Happen unseres Snacks essen hört es auf zu regnen. Es kann also passend sein langsam zu fahren, so war die Pause perfekt.
Wir starten und fahren kurz darauf wieder Serpentinen. Ich merke, dass ich genug Energie habe. Endlich mal nicht vergessen zu essen. Immerhin etwas. Blöd nur, dass dieses Mal meine Beine einfach KO sind. Serpentinen haben jedoch den Vorteil, dass man sich Zwischenziele setzen kann. Die eine Kurve noch, dann mal gucken ob es noch geht. Dann noch bis zur nächsten Kurve. Vielleicht eine noch?
So erklimme ich den Berg langsam aber immer noch fahrend. Nachdem die Serpentinen geschafft sind haben wir einen wunderbaren Ausblick. Da mein Puls recht hoch ist wird mir auch nicht kalt… wir sind auf ca. 2000 Metern. Bis ganz nach oben fehlt noch ein Stück aber wir sind schon nah dran. Vier Kilometer müssen noch geschafft werden aber das Ende ist in Sicht.
Einige kleine Kurven folgen noch und ich reiße mich zusammen. Die letzten Kilometer schaffe ich auch noch. Juhu! Endlich oben, denke ich mir – stelle dann aber fest, dass wir gar nicht ganz oben sind. Ich blicke auf eine wunderschöne Abfahrt, sehe aber auf der anderen Seite des Tals, dass es gleich wieder bergauf gehen wird. Höher als ich jetzt bin.
Zunächst genieße ich die Abfahrt, schön mal wieder leichte Kilometer zu fahren. Meine Beine brennen und erholen sich leider nicht so schnell wie ich es mir wünsche. Dann beginnt schon der Anstieg und ich werde langsam. Immerhin ist der Ausblick schön. Jedoch kann er mich nicht mehr völlig von meinen schmerzenden Beinen ablenken.
Nach einer recht langen Geraden folgt eine scharfe Linkskurve und gibt den Blick auf einen sehr steilen Anstieg frei. Ich kann kaum noch treten aber mein Kampfgeist ist geweckt. Absteigen ist jetzt nicht mehr auch wenn ich mir die Beine verbiegen muss. Den letzten Anstieg will ich unbedingt hoch.
Während ich mit zusammengekniffenen Augen stehend bergauf fahre kommen mir Rennradfahrer entgegen. Ich höre ein „Wow!“. War das ein Anfeuerungsruf für mich oder hat sich einer der Radler vor der für ihn sehr steilen Abfahrt erschrocken? Ich entscheide mich für die Anfeuerung und trete in die Pedale und verbiege mir dabei tatsächlich fast die Beine. Der Anstieg hat mit Sicherheit weit über 20% aber ich will unter keinen Umständen absteigen.
Ein letztes Aufbäumen, dann bin ich oben… diesmal wirklich. Ich fühle mich als hätte ich eine Etappe der Tour de France gewonnen. Jedenfalls innerlich. Äußerlich sehe ich vermutlich aus wie ein Sprinter, der eine Bergetappe bewältigen musste. Aber wie ich aussehe ist mir egal, jetzt kommt der schöne Teil des Berges: Die Abfahrt.
Serpentine folgt auf Serpentine und ich fahre nicht zu schnell. Auf dieser Seite sieht der Berg wieder anders aus – überall Wälder. Silviu sagt mir, dass wir wieder in Transylvanien sind. Ich war selten so begeistert von einer Landschaft aber hier kann ich mich nicht sattsehen. Obwohl ich eigentlich „nur“ Bäume sehe.
Bis zum Hotel geht es zum Glück nur bergab. Viel pedalieren kann ich auch nicht mehr. Wir checken in unser Zimmer ein und ich benötige eine Pause bevor ich mich unter die Dusche stellen kann. Danach hoffe ich auf die Regenerationsfähigkeit meiner Beine. Die Transalpina Tour war nicht mein anstrengendster Tag auf dem Rad, aber mit Sicherheit in den Top 3. Nur würde morgen ja noch ein Tag folgen.
Mehr als auf gute Beine für den nächsten Tag hoffen kann ich nicht mehr und gehe zu Bett.